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Kinderbrücke Allgäu besucht therapeutisches Reiten mit Lebenshilfe-Kindern

Simone Burk-Seitz (r.), erste Vorsitzende der Kinderbrücke, und ihre Kollegin Ursula Gollmitzer (l.)

Simone Burk-Seitz (l.) und Ursula Gollmitzer flankieren Therapeutin Judith Moosbrugger.

Es ist ein hochsommerlicher Tag Anfang Juli. Die Sonne legt flirrende Hitze über das ächzende West-Allgäu. Auch im traumhaft gelegen Eyenbach wird geschwitzt, einem kleinen Allgäuer Tal-Weiler, direkt an der Grenze zum österreichischen Vorarlberg.

Doch in der Reithalle Eyenbach ist es erstaunlich erträglich. Niemand ächzt. Es wird gelacht.

Gerade führt Judith Moosbrugger „Ophira“ am Zügel. Die Physiotherapeutin hat sich auf Reittherapie spezialisiert und arbeitet schon länger mit der Heilpädagogischen Tagesstätte „Pia Braun“ der Lebenshilfe Lindau zusammen.

Acht Kinder dürfen heute abwechselnd auf „Grisu“, „Sultan“ und „Ophira“ reiten. 

„Pferde haben einen unwahrscheinlich sanftmütigen Charakter“, erklärt Judith Moosbrugger. Besonders Warmblüter eignen sich zur Therapie. Und das spendenfinanzierte Angebot schließt Kinder mir starker Immobilität nicht aus.

„Wenn man mit einem Pferd Schritt läuft, hat man physiologisch die gleichen Bewegungen in Becken und Wirbelsäule wie beim Laufen“, erzählt Moosbrugger. „Das ist gerade für Kinder, die im Rollstuhl sitzen oder andere Bewegungseinschränkungen haben, ein großer Vorteil.“

Kinder wie Dominik, der rund einen Meter über der Therapeutin auf „Ophira“ sitzt und zufrieden „Hänschen klein“ summt. Der 11-Jährige ist mehrfachbehindert und mitunter durch eine Hemiparese stark in seiner Bewegung eingeschränkt. 

„Du siehst, dass Dominik in einer guten Haltung auf dem Pferd sitzt. Er hat gerade eine Körperspannung, über die er eigentlich gar nicht verfügt“, erklärt Steffi Pilz, Gruppenleiterin in der HPT der Lebenshilfe Lindau. 

Und in der Tat sitzt Dominik so cool im Sattel wie Lucky Luke auf Jolly Jumper, während ein paar Meter entfernt Melissa auf „Sultan“ sitzt und versucht, mit einem Schaumstoffwürfel am Boden stehende Kegel zu treffen – und dabei Erfolg hat! 

Kurz darauf ruft Melissa „Schau mal!“ und reitet rücklings sitzend mit ausgebreiteten Armen fröhlich an mir vorbei. Bianca, die mit Alexandra, Gabi und Gino das Therapie-Team von Judith Moosbrugger bildet und „Sultan“ am Zügel führt, lächelt wissend: Mission erfüllt – die Therapie wirkt. Wieder einmal.

Von Mai bis Juli konnten 60 Kinder der Heilpädagogischen Tagesstätte in Kleingruppen je zwei Mal zur Reittherapie nach Eyenbach fahren. Keine Selbstverständlichkeit und erst ermöglicht durch eine großzügige Spende der Kinderbrücke Allgäu e.V.

Simone Burk-Seitz, erste Vorsitzende der Kinderbrücke, sowie ihre Kollegin Ursula Gollmitzer sind an diesem Tag sogar aus Kempten angereist, um die Kinder beim Reiten zu besuchen. 

„Es ist uns wichtig, nicht einfach nur Geld zu überweisen, sondern sich solche Projekte auch persönlich vor Ort anzuschauen“, betont Simone Burk-Seitz. „Wenn man das mit eigenen Augen so sieht, ist das für uns eine Bestätigung weiterzumachen.“ Ursula Gollmitzer nickt und ergänzt: „Es ist schön zu sehen, wofür das Geld verwendet wird.“

Hier geht es zu Homepage der Kinderbrücke Allgäu

Auffällig ist die bemerkenswerte Ruhe in der Reithalle. Gerade jene Kinder, die häufig aufgedreht und manchmal überdreht sind, wirken total fokussiert. „Durch die rhythmische Bewegung und den Takt des Pferdes wird man ruhiger“, erklärt Therapeutin Moosbrugger. „Das kommt vor allem lebhaften Kindern zugute, beispielsweise Kindern mit ADHS. Sie kommen in einen Ruhezustand, der sie herunterbringt. Manchmal werden sie sogar schläfrig. Es wirkt für unruhige und hyperaktive Kinder sehr beruhigend."

Doch wie reagieren die Tiere auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Kinder? Im positiven Sinne sehr sensibel. „Es ist spannend zu beobachten, wie sich das Pferd mit seinem Tempo an das Wesen des Kindes anpasst, das gerade im Sattel sitzt.“ Damit die Therapiepferde aber eine solche Gelassenheit entwickeln können, bedarf es einer intensiven Ausbildung.

„Da geht es beispielsweise um Schrecktraining, weil die Kinder auch mal plötzlich laut schreien oder auch der Schenkeldruck unterschiedlich ist“, erklärt Moosbrugger. „Das Pferd darf keine Panik bekommen. Es muss sich überall berühren lassen können, muss an Bälle, Tücher und andere Spielsachen gewöhnt werden. Die Pferde werden für gewisse Stresssituationen quasi desensibilisiert, um sie für die Therapie zu sensibilisieren. Das ist ein langer Weg.“

Einer, der sich lohnt. Die Kinder haben auch an diesem Nachmittag trotz der Hitze enorm viel Spaß und wirken ausgeglichen. Auch die Besucherinnen der Kinderbrücke Allgäu sind beeindruckt: „Man hat hier ein schönes Beispiel, das zeigt, dass das Geld gut angelegt ist und man so etwas weiterführen kann“, bestätigt Vorständin Simone Burk-Seitz. „Wir wissen ja schließlich auch, dass die Gelder des Bezirks knapp gestrickt sind, da bleibt für so etwas wenig bis nichts übrig.“ 

Neben Therapie-Projekten wie dem Reiten fördert die Kinderbrücke Allgäu zahlreiche weitere Programme, so etwa auch im Bereich Bildung und Teilhabe. „Diese Kinder bekommen von uns für ihre außerschulischen Aktivitäten auch eine Aufstockung, damit sie sich das leisten können, wenn es das Elternhaus nicht stemmen kann. Da arbeiten wir eng mit den Landratsämtern zusammen“, so Burk-Seitz. 

Tiergestützte Therapie, Musikunterricht, sportliche Aktivitäten – die Kinderbrücke Allgäu unterstützt seit vielen Jahren äußerst erfolgreich zahlreiche Projekte und Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen aus finanzschwachen Familien, die ohne diese Unterstützung ausgeschlossen wären. Der Verein leistet dadurch einen unverzichtbaren Beitrag für gesellschaftliche Inklusion und Teilhabe von Mädchen und Jungen. 

VIDEO - Therapeutisches Reiten in Eyenbach

EINFACHE SPRACHE:

Es ist ein heißer Tag in Eyenbach.
In der Reithalle ist es angenehm.
Die Kinder lachen und haben Spaß.
Judith Moosbrugger leitet die Reittherapie.
Acht Kinder dürfen heute reiten.
Die Pferde heißen Grisu, Sultan, Ophira.
Pferde sind freundlich und helfen beim Üben.
Auch Kinder im Rollstuhl dürfen reiten.
Das Reiten stärkt Muskeln und Körperhaltung.
Dominik sitzt stolz auf Ophira.
Melissa trifft mit Würfeln bunte Kegel.
Die Kinder sind ruhig und konzentriert.
Pferde spüren die Kinder sehr gut.
Das Reiten macht alle glücklich und stark.
Die Therapie wird durch Spenden möglich gemacht.
Die Spenden kommen von der Kinderbrücke Allgäu.


Michael Wollny
Öffentlichkeitsarbeit
michael.wollny@lh-lindau.de